Schillofen, Schillfeuer

Schillfeuer ist eine Art, um Branntkalk aus Muschelschalen herzustellen. Die älteste bekannte Verwendung von Muschelkalk findet sich in einer Abrechnung der Stadt Emden aus dem Jahre 1546, in der 23 Schuten (früher Schüten) Torf für ein Schillfeuer gekauft wurden, um Kalk für den Rathausbau zu brennen. [N10, Seite 250]. Der Preis für eine Schute betrug 3 Gulden. Nünen oder Schannelke ist eine ostfrisische Bezeichnung für eine Muschelschale. Große Mengen von Nünen oder Schanelke, also große Mengen von Muschelschalen nennt man Schill (englisch: shell = Schale) [N9, Seite 217].

Die Gewinnung von Schill war sehr mühselig. Die Schillfänger in der Nordsee hatten Schiffe für 10 bis 20 Last (20 bis 40 Tonnen, 1 Last entspricht 2 Tonnen), mit denen sie an den Stellen im Watt vor Anker gingen, wo sie Schill vermuteten. Kam die Ebbe, lag das Schiff auf dem Sand und der Schillfänger begann zu graben. Stieß er auf eine Schicht mit ausreichend Schill, so schaufelte er Haufen damit auf. Wenn die Flut kam und schon einen Fuß hoch am Schiff stand, warf er das Gemisch aus Sand und Schill in große Körbe, die am Schiff befestigt waren. Die Körbe tauchte er nun solange mit seinem Gehilfen in das Flutwasser auf und ab, bis der Sand ausgespült war. Die gereinigten Muschelschalen wurden dann an Bord geholt. Stand die Flut dem Schillfänger bis über das Knie, beendet er die Arbeit und wartet auf die nächste Ebbe. So sammelte er in 8 bis 14 Tagen 150 bis 250 Tonnen Schill. (11 bis 30 Tonnen am Tag).

Die Muschelschalen wurden auch vom Land aus zu Fuß im Wattenmeer ausgegraben und in Körben gewaschen und gesammelt. Durch eine königliche Verordnung vom 7. September 1779 wurde Ausländern das Schillfangen in Ostfriesland verboten. Verstöße wurden hart bestraft und Schiff und Geräte konfisziert.

Zum Kalkbrennen wurde auf die erste Lage Torf abwechselnd je 2 Hand hoch Muscheln und 2 bis 3 Reihen Torf geschichtet, solange bis das leicht nach oben zugespitzte Schillfeuer fertig war [N11, Seite 157].

In späteren Jahren wurden für das Brennen so genannte Schillöfen gebaut. Abbildung 1 zeigt einen Schillofen in der Stadt Bremerhaven.


[N9] Cirk Heinrich Stürenburg: Ostfriesisches Wörterbuch ; Verlag von Karl Otto Seyde Aurich 1857

[N10] Johann Beckmann: Physikalisch-ökonomische Bibliothek: worinn von den neuesten Büchern, welche die Naturgeschichte, Naturlehre, und die Land- und Stadtwirthschaft betreffen, zuverlässige und vollständige nachrichten ertheilet werden, Band 16; Ruprechtsche Verlag Göttingen 1791

[N11] Johann Conrad Freese: Ueber die Vehne oder Torfgräbereien ; J.H.L Borgeest, königlicher Buchdrucker Aurich 1789